ScoreAddicts ANDERE Obsessionen - Teil 2: Analog? Digital? Analog-digital! (Telefunken digitale 101) - Druckversion +- Amiga-Dresden (https://amiga-dresden.de) +-- Forum: Ein Kessel Buntes (https://amiga-dresden.de/forumdisplay.php?fid=30) +--- Forum: Smalltalk (https://amiga-dresden.de/forumdisplay.php?fid=22) +--- Thema: ScoreAddicts ANDERE Obsessionen - Teil 2: Analog? Digital? Analog-digital! (Telefunken digitale 101) (/showthread.php?tid=145) |
ScoreAddicts ANDERE Obsessionen - Teil 2: Analog? Digital? Analog-digital! (Telefunken digitale 101) - ScoreAddict - 07.07.2013 # Prolog. Die Vergangenheit der Zukunft. Space Age! Die 70er Jahre. Alles Plastik, alles digital. Alles? Weit gefehlt! Unmittelbar bevor die beleuchteten, digitalen Zahlendisplays und Quarzuhren endgültig den Markt aufrollten, gab es noch eine letzte analoge "Revolution" (das Wort kann übrigens auch "Rotation, Umwälzung" bedeuten) - Klappziffern (Englisch "flip clock"). Es gab sie in Uhren, es gab sie in Weckern... und Radioweckern. Es gibt sie heute noch. (Wenn auch nur noch selten und mit einigen wesentlichen Unterschieden.) (Klick auf die Bilder für eine grössere Version.) Vom billigen Plastebomber der Firma Garant... ... bis hin zum noblen Radiowecker (gebürstetes Aluminium!) von "National Panasonic" (heute ohne "National" bekannt) gab es scheinbar unendlich viele Varianten. Exposé - Klappziffernuhren. Die Technik darunter ist komplett analog-mechanisch. Da ist kein Chip oder Quarz am Werkeln. Das Uhrwerk einer Klappziffernuhr (aus einem Sanwa-Radiowecker). Sehr häufig anzutreffen und in dieser Konfiguration typisch für die absolute Mehrheit der Geräte, die mit so einem Zeitmesser daherkamen. Diese Uhrwerke stammen fast allesamt aus Japan und wurden von Copal hergestellt. Einzig teure Markenware von Bosch oder Junghans hat damals auf eigene Entwicklungen gesetzt (z.B. mit Drehwalzensystem statt Klappziffern usw.). Tja, so waren die 70er Jahre. Das Design dieser Uhrwerke ist modular (Baukastenprinzip) und lässt sich auf vielfältige Weise modifizieren. So lassen sich an derselben Chassis die Positionen der Weckuhr und Stellräder vertauschen und der Antriebsmotor kann sowohl auf der Seite als auch hinten montiert werden. Der Antrieb der Zeit. Ein Elektromotor der Firma Copal (Typ II). Dieser wird direkt vom Netz mit 230V/50Hz angetrieben und übersetzt die Kraft dann mechanisch mit Zahnrädern auf das Uhrwerk um. Dieser Typ, sowie der des nachfolgenden Telefunken-Radios, ist mit der gängigste. Der "Rotationsbereich" (unter der halbmondförmigen Aussparung) wird bei gern zum Anbringen einer Skala (z.B. Sekunden) verwendet. Dieser Motor läuft ständig solange das Gerät am Netz ist! (Eine moderne Variante schaltet chip- bzw. quarzgesteuert um.) Das Uhrwerk selber ist bei diesem Typ nicht etwa auf 24 -> 60 (24 Stunden zu 60 Minuten) sondern 40 -> 60 synchronisiert. D.h. jede Stunde (bis auf die letzten vier - 20-24 Uhr) ist zweimal vertreten und wird nach 20 Minuten entsprechend noch einmal umgestellt. Dies vereinfacht die Abstimmung der Walzen aufeinander (2:3). Die Gegenwart. Frisch erholt vom Urlaub (4 Grad auf dem Brocken) bin ich gestern mal wieder auf einen Flohmarkt. Aber nur, weil er gleich neben dem Supermarkt stattfand... Dort wurde mir ein altes Radio geschenkt. Witzigerweise auch noch eines, das ich schon zweimal habe. Das Telefunken digitale 101, Baujahr 1975. Inkl. Patina und Schmutz. Erfreulicherweise kam es in voller Funktion - inkl. der Beleuchtung! (Der Grund dafür wurde später schnell offensichtlich.) Autsch! Da ist wohl was schief gegangen! Schmutzige Schalter und Staubmäuse inkl. Holzoptik mit Schmelzpunkt? Vom verbogenen Schalter einmal abgesehen, war das der Hauptgrund, warum es dieses Radio für "lau" gab. "Da hat die Grossmutter wohl eine Kerze draufgestellt!" Hm. An den Seiten hingegen alles paletti. Der 3,5mm-Klinkenanschluss (mono) für einen Kopf- bzw. Ohrhörer ist bei den meisten Radioweckern übrigens durchaus der Standard gewesen. Auch ein schöner Rücken kann entzücken. Der Anschluss links ist für eine externe Wurfantenne. Das Gerät hat aber auch eine interne - mit gutem Empfang. Dem geschenkten Gaul ins Maul geschaut. Gut erkennbar auf den ersten Blick ist der modulare Aufbau - links vorn das Uhrwerk, links hinten der Trafo, rechts das Radio. Die meisten Radiowecker dieser Ära sind so aufgebaut. Neben Staub und Patina ist die interne Wurfantenne erkennbar. Freundlicher Hinweis des Herstellers. Eine Umbauanleitung für 110 Volt. Vermutlich hätte dafür auch der Motor des Uhrwerks gewechselt werden müssen. Staubfänger. Unter dem Lautsprecher warten schon 40 Jahre Dreck. (Übrigens auch bei modernen Notebooks ein Hauptproblem.) Robust und bewährt. Die Technik des Radios im Blick. Die kleinen roten Kabel führen zu zwei Lämpchen an der Front. Diese werden mit 12 Volt versorgt und sind anscheinend nirgends mehr zu bekommen. Schade. Blick von hinten. Jede Menge Staub und Dreck. Beim Öffnen kam noch ein Q-Tip (wtf?) zum Vorschein, das wohl jemand beim letzten Saubermachen vergessen hatte. Nicht gerade ein Qualitätsmerkmal des "Wartungspersonals". Das Uhrwerk von oben. Auch hier einiges an Dreck. Erfreulicherweise funktioniert es noch zuverlässig. Das Uhrwerk von der Seite. Auch dieser Motor stammt von Copal und ist wohl der zweithäufigste. Auffällig daran, dass die Halteschrauben mit weissem Klarlack "grosszügig" fixiert wurden. Das spricht für eine nachträgliche Reparatur oder Umrüstung, da der Hersteller i.A. grünen Klarlack verwendete. Oha! Ein abgebrochenes Plastikteil fiel beim Aufmachen aus dem Gehäuse! Wo es wohl hingehört? Aha. Von einem der drei Schaltrelais (2x Weckuhr, 1x Zeitschalter) abgebrochen. Hier sind auch ziemlich dilletantisch die Kabel wieder angelötet worden. War das auch die Grossmutter? Es werde Licht! Die Glimmlampe des Uhrwerks funktionierte noch, was nicht etwa der Qualität an sich (nach 40+ Jahren sind die meistens hinüber), sondern vielmehr einer später erfolgten Reparatur/Austausch zuzuschreiben ist. Natürlich habe ich sie durch eine neue ersetzt. Das Uhrwerk in seiner ganzen Pracht. Entstauben, säubern, ölen, biegen, testen. Läuft immer noch sekundengenau! Unten sieht man die Halterung für die Glimmlampe. Bei dieser Chassis kann man sie auch oben (mit zwei Schrauben) anbringen, was die beiden Gewindebohrungen dort erklärt. Der Mechanismus für die Zeituhr im Blick. So einfach wie effektiv. Der (einstmals verbogene) Drehschalter vorn betätigt über eine Gewindestange ein Relais, die Gewindestange wird selber vom Uhrwerk zurückgedreht und rastet schliesslich wieder in der Ursprungsposition ein, was das Relais (bzw. Radio) ausschaltet. - ScoreAddict - 07.07.2013 # Nicht die Skala von Mailand! Dreck und Staub machen erst den Pinsel und dann den Öllappen erforderlich. Und der Drehregler für die Sendersuche (ganz rechts) brauchte auch noch einen "Schuss" WD40, damit man keine rohe Gewalt mehr anwenden musste. Das untere Gehäuse. Auch hier massig Dreck und Staub. Man beachte die eingeklebten Holzklötzchen zum Fixieren! Schaut mächtig nach Handarbeit aus und ist hier serienmässig gewesen. Auch das waren einmal Arbeitsplätze... Heavy Metal! Das Radioteil von unten. Und erfreulich sauber. Alles wird gut! Gesäubert und die wichtigsten Kabel neu verlötet. Der Öllappen kam ebenfalls ein paarmal zum Einsatz. Weil's besser aussieht. Das defekte Relais wurde auch gleich getauscht (dank schrottigem Zweitgerät zum Ausschlachten). Wieder präsentabel. Bis auf Omas "Delle" in jeder Hinsicht reif zum Verschenken! Das Ziffernblatt kann man säubern, ist allerdings viel Arbeit und höchst undankbar, da die Blättchen nur aus dünner Plastik bestehen und eeewig zusammenkleben! Und man auf die Zahnräder aufpassen muss. Dieser Bereich versifft übrigens deshalb so häufig von innen, weil die Glühlampe neben Wärme auch allerlei Dreck anzieht und der sich dort ablagert. Hm. Evtl. doch mal oben montieren? Da sucht es sich doch gleich viel leichter nach guter Musik! Die Schalter sind gesäubert und das Radioteil geht problemlos. "afc" (automatic frequency control) steht übrigens für einen Antennenverstärker - bei schwächerem Empfang. Ah! Erst bei Nacht entfaltet sich der wahre Charme! Was ist das? Grün ist die Hoffnung? Da geht doch noch tatsächlich eine der kleinen Glühlampen! Ein Novum für mich! Epilog. Brüder und Schwestern. Da ich zufällig noch zwei weitere "Geschwister" aus dieser Serie von Telefunken hier habe, will ich sie noch kurz vorstellen. Der "grosse" Bruder, das Telefunken digitale 201. Das Innenleben ist prinzipiell identisch zum 101. Einzig die Chassis ist weiss und etwas schicker gestaltet. (Gut erkennbar auch der Gilb, dem ich bald mal zu Leibe rücken werde.) "Warum ist er schwarz?" - "Er soll perfekt sein!" (Krieg der Eispiraten) Der spacige "kleine" Bruder der digitale-Serie, die star clock. Hier werkelt übrigens derselbe Motor am Uhrwerk wie im Beispiel ganz oben (Sanwa). Und die Schalter sind nur sehr biestig abzubekommen! Hoffe es hat euch gefallen. ScoreAddict. # - Jochen - 07.07.2013 Ja, immer sehr interessant! Danke! feine Restauration - CB1JCY - 07.07.2013 Das hast Du gut wieder hinbekommen. Schön, dass Du das Problem mit dem Relais durch ein Ausschlachtgerät lösen konntest. Es ist m.E. auch wichtig, einzuschätzen, wo die Grenzen der Aufarbeitung liegen. Du hast da richtig entschieden, dass das eine Gerät nur noch dazu dient, die Anderen mit Ersatzteilen zu versorgen Weiter so. :thumbsup: Gruß CB1JCY RE: feine Restauration - ScoreAddict - 07.07.2013 CB1JCY,index.php?page=Thread&postID=1494#post1494' schrieb:Das hast Du gut wieder hinbekommen. Schön, dass Du das Problem mit dem Relais durch ein Ausschlachtgerät lösen konntest. Es ist m.E. auch wichtig, einzuschätzen, wo die Grenzen der Aufarbeitung liegen. Du hast da richtig entschieden, dass das eine Gerät nur noch dazu dient, die Anderen mit Ersatzteilen zu versorgenDanke für das Lob! Nunja, das ist auch schon das dritte "digitale 101" in meinem Besitz. Das erste hatte ich mir bei eBay für 11 Euro gezogen und da war der Motor defekt. Dann habe ich nach einem Ersatzteilspender gesucht (die Repair Kits kriegt man ja nicht mehr) und von einem Sammler drei Telefunken-Radios günstig gekauft - allein schon wegen der "star clock" hat sich das gelohnt. Eines davon war ein 101 in einem (äusserlich) erbärmlichen Zustand. Das stand wohl jahrzehntelang in einer Schmiede (!) und sah auch entsprechend aus. Aber intern war alles noch ok. Also durfte es dem "schönen" 101 gleich mal den Motor für das Uhrwerk spendieren. Und beim 201 (das auch bei dem Paket dabei war), war die Mechanik von der Weckuhr am Ende - aber sonst nichts. Also hat es das Uhrwerk von "Schrotti" bekommen. Und jetzt ist eben eines der Relais weg, damit 101 Nr. 2 wieder läuft... Aber das Radio von "Schrotti" geht immer noch, denn keines der Teile hatte bisher etwas damit zu tun. - Dadys_Toy - 07.07.2013 Ja, das sind wirklich schöne Radiowecker! So einen hätte mit Bahnhofsuhr-Look (früher waren die Bahnhofsuhren auch mit solchen "Klappzahlen" ausgestattet) hätte ich mir immer gewünscht. Den Elektromoter zum Antrieb nennt man übrigens Nebenschlussmotor: http://de.wikipedia.org/wiki/Nebenschlussmotor#Nebenschlussmaschine mfg |